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- BILDER UND TEXTE
gegen das Vergessen: Der Würzburger Ausstellungsmacher
Christian Reuther im Aschaffenburger Rathaus vor einer
Luftaufnahme des jüdischen Friedhofs Rödelsee.
- Foto:
Stefan Gregor
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Mit Licht und Schatten
gegen das Vergessen
Ausstellungsmacher Christian
Reuther über seine Arbeit
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Das Wechselspiel von Licht und Schatten nutzte Christian
Reuther, um verwitterte Inschriften auf den Grabsteinen des
jüdischen Friedhofs Rödelsee lesbar zu machen. Der
Würzburger Kommunikationsdesigner, dessen
Rödelsee-Ausstellung heute im Lichthof des Rathauses zu Ende
geht, hat das Phänomen von Hell und Dunkel nicht nur im
Umgang mit der Kamera kennengelernt. Als »Arbeit mit Licht
und Schatten« erlebt der 35jährige den Versuch, mit
Ausstellungen gegen das historische Vergessen anzugehen. Darüber,
besonders über Erfahrungen als Mitgestalter der
vielbeachteten und heftig umstrittenen Ausstellung »Verbrechen
der Wehrmacht«, berichtete Reuther am Mittwoch in
Aschaffenburg.
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Mit welchen visuellen Konzeptionen geht ein Ausstellungsmacher
ans Werk, welche politischen Hürden sind zu nehmen, will er
die deprimierendste Phase deutscher Geschichte aufarbeiten? Diesen
thematischen Bogen versuchte Christian Reuther am Mittwoch abend
im Lichthof des Rathauses zu schlagen. Den Zuhörern bot er
Einblicke in eine Arbeit, die dem drohenden Vergessen Bilder und
Texte entgegensetzt.
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Licht und Schatten in ihrer optischen Wirkung kamen dem jungen
Kommunikationsdesigner zu Hilfe, als er vor zehn Jahren im Rahmen
seiner Diplomarbeit daranging, den vom Verfall bedrohten jüdischen
Friedhof von Rödelsee am Schwanberg zumindest fotografisch
für die Nachwelt festzuhalten: Im Dunkel der Nacht wurden
einzelne Grabsteine, von starken Blitzlichtern erhellt, aus ihrer
Umgebung herausgelöst, verwitterte Inschriften gewannen
wieder Kontur. Die Würde des einzelnen Grabmals als
Erinnerung an einen ganz bestimmten Verstorbenen habe er mit
diesen Aufnahmen betonen wollen, sagt Reuther.
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Die dokumentarische Arbeit wuchs sich aus zu einer
vielschichtigen Ausstellung, die der Kommunikationsdesigner
gemeinsam mit dem Historiker Michael Schneeberger unter dem Titel
»Nichts mehr zu sagen und nichts zu beweinen. Ein jüdischer
Friedhof in Deutschland, seine Geschichte und seine Menschen«
seit 1993 in vier Städten gezeigt hat. Noch am heutigen
Freitag ist sie im Aschaffenburger Rathaus im Rahmen der
Veranstaltungsreihe zur 60. Wiederkehr der Reichspogromnacht zu
sehen.
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So konnten die Besucher des Gesprächsabends die
Erläuterungen zur Ausstellungsarchitektur am Objekt
nachvollziehen: Die Fotos und Texttafeln zum Rödelseer
Juden-Friedhof umgab Reuther mit schrägstehenden Außenwänden,
einem behütenden Dach gleich.
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Daß solcherart Schutz nötig ist, zeigen die
Dokumente auf den Außenseiten, die von Schändungen
jüdischer Friedhöfe in ganz Europa zeugen. Aber auch der
jüdischen Tradition, den Friedhof als »Haus der Toten«
zu betrachten, trug der Ausstellungsmacher mit dieser
Präsentationsform Rechnung.
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Weitaus mehr Beachtung als die Rödelsee-Ausstellung fand
die nächste Arbeit des jungen Würzburgers. Das Hamburger
Institut für Sozialforschung beauftragte Reuther mit einer
Dokumentation, die sich unter dem Arbeitstitel »Wehrmacht
und NS-Verbrechen« zunächst nur an einen kleinen Kreis
von Fachleuten richten sollte. Das Projekt zog Kreise, drei
Wissenschaftler wurden Reuther zur Seite gestellt. Schließlich
schickte das Hamburger Institut des Zigarettenkonzern-Erben Jan
Philipp Reemtsma die Wanderausstellung »Vernichtungskrieg.
Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944« auf den Weg durch
die Republik.
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Die von der Dokumentation gestellte Frage nach der
Verwicklung der Wehrmacht in Kriegsverbrechen löste nicht
unmittelbar schmerzliche Erinnerungsarbeit in Deutschland aus.
Erst mit ihren heftigen Attacken auf die im Frühjahr 1997 in
München gezeigte Ausstellung verschaffte die CSU um Peter
Gauweiler der Wehrmachts-Schau eine »Turbo-Zündung«
und verzehnfachte die Besucherzahlen, wie Christian Reuther am
Mittwoch sagte. Bis Mitte nächsten Jahres ist die Ausstellung
ausgebucht; an die 90 Vormerkungen sind notiert, darunter eine
offizielle Anfrage des Aschaffenburger Stadt- und Stiftsarchivs,
wie eine Sprecherin des Hamburger Instituts für
Sozialforschung gestern bestätigte.
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Stellwände in Form eines Eisernen Kreuzes bilden das
Herzstück der Ausstellung. Fotos, angefertigt von deutschen
Wehrmachtssoldaten, belegen eine Explosion der Gewalt gegen
Kriegsgefangene, Zivilisten, Juden. Daß das Eiserne Kreuz
auch auf dem Boden nachgebildet wurde, sorgte für Empörung:
Ein deutsches Ehrensymbol werde hier »mit Füßen
getreten«.
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Nicht nur unglückliche räumliche Gegebenheiten, die
wie in der Frankfurter Paulskirche die
Realisierung der ursprünglichen Ausstellungskonzeption
verhindern, werfen Schatten auf die Arbeit Reuthers.
Rechtsextreme, der Neonazi Manfred Röder etwa, beschmierten
wiederholt Bild- und Texttafeln. Noch heute sind Gerichtsverfahren
anhängig: Der Ausstellungsmacher wird der Fälschung von
Fotomaterial bezichtigt. Reuther kämpft mit dem nach seiner
Erfahrung stumpfen Instrument der einstweiligen Verfügung
gegen solche Diffamierungen.