Main Post 25.02.09

Spöttelei über Schavans Hilfslehrer-Idee 
Praktiker an den Schulen sind erwünscht – als Ergänzung

BERLIN/WÜRZBURG

(dpa/ddp/stf) Der Vorstoß von Annette Schavan (CDU) klang forsch: Unternehmen sollten ihre Topmitarbeiter für den Schulunterricht freistellen und Schüler öfter bei echten Ingenieuren Physik oder Mathe pauken. Gegen den Lehrermangel an deutschen Schulen und um dem Unterricht Impulse zu geben. Bild vergrößern

Der Aufschrei der Entrüstung kam prompt. Bundesweit erklärten Bildungs- und Wirtschaftsverbände, dass Firmen-Mitarbeiter den Unterricht höchstens ergänzen dürften, im Kampf gegen den Lehrermangel aber ungeeignet seien. Für den Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) ist die Forderung der Bundesbildungsministerin "nicht realisierbar". Der Aufwand für Ingenieure oder Naturwissenschaftler, neben der Arbeit über ein gesamtes Schuljahr hinweg zu unterrichten, wäre immens, so DIHK-Präsident Ludwig Georg Braun.

Schavan hatte an zwei Unterrichtsstunden wöchentlich durch einen Topmitarbeiter gedacht. Die von ihr geforderten Impulse aus Forschung oder Wirtschaft für die Schule könnten auch anderweitig gegeben werden, findet Yvonne Kohlmann, Geschäftsführerin der Bundesarbeitsgemeinschaft "Schulewirtschaft". Sie sieht Kooperationsmöglichkeiten zum Beispiel in Betriebserkundungen oder Wirtschaftsplanspielen. "Unternehmen können ein Stück Praxis an der Schule darstellen, aber nicht Pädagogen ersetzen." Ein guter Ingenieur müsse nicht gleich ein guter Lehrer sein.

Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD), Vorsitzender des Bildungsausschusses im Bayerischen Landtag, hält Schavans Vorstoß für einen Faschingsscherz. "Wenn man Berufserfahrung in die Schule bringen möchte, kann dies lediglich ergänzend geschehen", meint Pfaffmann, "Das Kerngeschäft des Unterrichts muss in der Hand der Lehrerinnen und Lehrer bleiben."

Ähnlich sieht es Rudolf Brandenstein, Geschäftsführer und stellvertretender Vorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Unterfranken. Er verweist darauf, dass für den Lehrerberuf schließlich eine fachliche Ausbildung notwendig sei. "Frau Schavan will nur ablenken von der Bildungsmisere", so Brandenstein.

Heiner Ratsch, Bezirksvorsitzender des Bayerischen Philologenverbandes, findet es positiv, dass Annette Schavan den Mangel an qualifizierten Lehrkräften überhaupt thematisiert. "Die Methode, die sie vorgeschlagen hat, ist jedoch sicherlich nicht die Lösung", so der Gymnasiallehrer. Impulse aus der Wirtschaft gäbe es bereits, beispielsweise mit Projektunterricht oder Berufsorientierung in der Oberstufe. Die fehlenden Lehrer, vor allem in naturwissenschaftlichen und technischen Fächern, müssten aber anderweitig rekrutiert werden.

Angesichts des wachsenden Fachkräftemangels gehört das Engagement der Wirtschaft an vielen Schulen bereits zur Normalität. Berufsorientierung, Unternehmenspartnerschaften, Wirtschaftsplanspiele - die Formen sind vielfältig. "Gute Leute zu bekommen, bleibt wichtig", sagt Yvonne Kohlmann.