MAIN-POST 04.02.2005 20:55

Ein klares Jein für Studiengebühren

würzburg Das Urteil des Verfassungsgerichts hat das Tabu gebrochen: Den Ländern ist ab sofort die Einführung von Studiengebühren freigestellt. Dass die meisten Landtage über kurz oder lang Studiengebühren beschließen, daran zweifeln die wenigsten. Die Diskussion über Chancen und Probleme aber ist noch lange nicht zu Ende geführt.

"Ich bin weder für, noch gegen Studiengebühren." Professor Heribert Weber, der Präsident der Fachhochschule Würzburg-Schweinfurt, ist vor allem "gegen eine Sondersteuer für Familien mit Kindern im studierfähigen Alter". Studiengebühren träfen den unteren Mittelstand hart, also Familien, die knapp über der BaföG-Grenze liegen. "Und das ist eine breite Schicht", fürchtet Weber. "Das wäre für die Wirtschaft das Letzte, dass tüchtige, begabte Leute abgeschreckt werden."

Ist die Chancengleichheit in Gefahr? "Auch mit einem ausgeklügelten Stipendien- und Darlehenssystem würden Studiengebühren die soziale Schere weiter öffnen", ist Lore Koerber-Becker von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Unterfranken sicher. Frank Firsching vom DGB schlägt in die gleiche Kerbe: "Die CSU-Pläne diskriminieren Normalverdiener."

500 Euro für ein Semester in Bayern? Selbst der unterfränkische CSU-Nachwuchs sieht da noch Diskussionsbedarf und kritisierte die ersten schnellen Pläne von Wissenschaftsminister Thomas Goppel als "nicht ausgegoren". Ohne ein ausreichend ausgebautes Stipendiatensystem dürften Studiengebühren nicht eingeführt werden, sagt der Bezirksgeschäftsführer der Jungen Union, Thorsten Schwab. Und fällig werden sollte die Gebühr auf jeden Fall erst nach dem Studium.

Eine Forderung, die auch der FH-Präsident stellt: "Gebühren konsequent nachlaufend, da bin ich ein großer Fan davon." Dann hätten auch die Hochschulen ein großes Interesse daran, "ihre Studenten so gut auszubilden, dass sie schnell in Lohn und Brot kommen". Mehr Tutorien, mehr Bücher, mehr Exkursionen - dass sich mit Gebühren die Studienbedingungen verbessern lassen, davon ist Weber überzeugt. Konkrete Pläne, was mit den Einnahmen an der hiesigen FH passieren soll, gibt es noch nicht. "Das Geld auszugeben ist das geringste Problem", sagt Weber.

Die Grüne Hochschulgruppe in Würzburg hat mit dem Reizwort "Studiengebühren" wenig Probleme: "Durchaus sinnvoll", sagt der Vorsitzende Matthias Gauger zu den Plänen der künftigen Hochschul-Finanzierung und hat unter seinen Kommilitonen an der Würzburger Uni große Offenheit ausgemacht: "Warum sollte ein Studium gebührenfrei sein? Es spricht nichts dagegen, selbst in Bildung zu investieren." Dass der Freistaat in den kommenden drei Semestern schon die "Uni-Maut" einführt, glaubt Gauger allerdings nicht: "Vor der Bundestagswahl tut das kein Land."

Zusätzliche Euros für die klammen Hochschul-Kassen, höchst willkommene Drittmittel für die vernachlässigte Lehre - auch der Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) plädiert da einmütig für Studiengebühren. "Angesichts der Sparzwänge in unserem Land müssen wir als Studenten einen Beitrag leisten", sagt RCDS-Sozialreferent Armin Schulz und schränkt gleich ein: "Im Rahmen unserer Möglichkeiten." Bei der Lektüre der jüngsten Sozialerhebung des Studentenwerks hat Schulz "alarmierende Zahlen" ausgemacht: Die Zahl der Studenten aus sozial schwachen Schichten sei in den vergangenen Jahren zunehmend zurückgegangen. "Dieser massive Auslese-Prozess darf nicht zunehmen", warnt Schulz.

Was geschieht mit dem BaföG? Müssen abgewanderte Studenten aus Bayern in den gebührenfreien SPD-Ländern eine "Sondergebühr" zahlen? Viele Gerüchte stehen im Raum, aber wenig konkrete Konzepte. Dafür jede Menge Appelle. BaföG-Empfänger müssten von Studiengebühren befreit werden, fordert das Deutsche Studentenwerk. Besonders begabte Studenten auch, sagen die Förderungswerke.

19 000 Studierende sind an der Julius-Maximilians-Universität eingeschrieben, wenn die Hochschule von jedem im Jahr 1000 Euro erhielte . . . "Es ist gefährlich zu glauben, dass Studiengebühren das Allheilmittel sind", warnt der JU-Bezirksvorsitzende Steffen Vogel. "Das Bildungswesen krankt insgesamt."

Von unserem Redaktionsmitglied Alice Natter