Lehrermangel und große Klassen

Gewerkschaft sieht große Defizite in der Schullandschaft Main-Spessart

Ein bildungspolitisches Desaster sieht der Kreisverband der GEW Main-Spessart in dem Lehrermangel, der in Grund- und Mittelschulen im Landkreis Main-Spessart besteht. Damit würden, so die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft in einer Stellungnahme, an einigen Schulen prekäre Verhältnisse hervorgerufen. Kreisvorsitzender Wolfgang Tröster beklagt: „Obwohl es zahlreiche arbeitslose, gut ausgebildete Grundschullehrkräfte gibt, werden diese nicht zu normalen Bedingungen, also mit einer Planstelle versehen, eingestellt. Real- und Gymnasiallehrer, ausgestattet mit zeitlich befristeten Anstellungsverträgen, übernehmen eine pädagogische Arbeit, für die sie nicht ausgebildet worden sind. Deren Engagement soll nicht in Frage gestellt werden, aber eine kontinuierliche Arbeit ist – neben dem didaktischen Aufholbedarf – schon dadurch in Frage gestellt, als diese Lehrer und Lehrerinnen die Schulen verlassen werden, wenn sie an einer Realschule oder einem Gymnasium eine feste Stelle bekommen können.“ Die GEW sieht so nicht die Bedingungen gegeben, „die ein nachhaltiges Unterrichten und Lernen gerade in der Grundstufe ermöglichen würden“. Schuld daran trage die Staatsregierung und ihre Kultusbürokratie, die es versäumt habe, eine vorausschauende, dem Wohl der Kinder verantwortliche Einstellungspraxis von Lehrkräften zu betreiben. Die GEW: „Wenn man am Schuljahresende die fertig gewordenen Lehramtsanwärter und -anwärterinnen wochenlang hinhält und ihnen keine akzeptablen Angestelltenverträge anbietet, wie es mehrfach geschehen ist, darf man sich über die Folgen nicht wundern. Die jungen Lehrer orientieren sich in andere Richtungen, sie gehen in andere Bundesländer oder nehmen Stellen in Privatschulen an.“

Junge Lehrkräfte wandern ab

Mit großen Problemen hätten auch die Mittelschulen zu kämpfen. Wer über Jahre hinweg fertige Lehrkräfte, auch aus dem Landkreis Main-Spessart, nach Oberbayern schicke, dürfe sich nicht wundern, dass Lehrkräfte in andere Bundesländer wie Hessen oder Baden-Württemberg abwandern. Als weiteren Grund für den Lehrermangel in der Mittelschule hat die GEW die jahrelange Vernachlässigung dieser Schulform gegenüber Gymnasium und Realschule ausgemacht. „Meldungen über viel zu geringe Entlastung bei der Übernahme von Zusatzaufgaben – das trifft übrigens auch auf Rektoren und Konrektoren zu – bzw. über ausgebrannte Lehrer und Lehrerinnen ermuntern junge Menschen nicht unbedingt, diesen Beruf zu ergreifen“, schreibt der Kreisvorsitzende im Namen der GEW. Diese dramatische Entwicklung werde noch verschärft, da in den nächsten Jahren eine große Zahl von Lehrern in den Ruhestand gehen. Wenn hier nicht gegengesteuert werde, sei die Situation nicht mehr in den Griff zu bekommen. Nicht so rosig, wie es der Kultusminister hinstelle, sei auch die Situation an den Gymnasien und Realschulen. Tröster: „An kleineren Schulen, wie etwa der Realschule Gemünden, kann die Klassengröße in erträglichem Rahmen gehalten werden; an größeren, wie dem JSG Karlstadt und der Realschule Karlstadt, haben die Eingangsklassen, ebenso einige Mittelstufen- und Abschlussklassen, aufgrund des von oben verordneten knappen Stundenbudgets durchweg 30 Schüler, was dem Lernklima insgesamt nicht entgegenkommt, auch wenn zusätzliche Maßnahmen (Förderstunden) ergriffen werden.“ Insgesamt sieht die GEW für die Situation am Schulstandort Main-Spessart erheblichen Verbesserungsbedarf. Die GEW fordert daher die Staatsregierung auf, die Grund- und Mittelschulen im Kreis Main-Spessart mit gut ausgebildeten Lehrkräften zu versorgen und bei Gymnasien und Realschulen dafür zu sorgen, dass Klassengrößen von 30 Schülern endlich der Vergangenheit angehören.

Joachim Spies