Hohlmeier verteidigte die Schulreform
Lehrer-Gewerkschaft protestierte dagegen

Unterfränkischer Hauptschultag in Würzburg ­ Freie Wähler: »Dürftige Reformansätze«

Würzburg. »Die Hauptschule zur Hauptsache machen« möchte die bayerische Kultusministerin Monika Hohlmeier. Auf dem Hauptschultag am Samstag in Würzburg verteidigte die Ministerin die umstrittene Schulreform innerhalb der Bildungsoffensive Bayern. Letztlich werde diese Reform bei der Hauptschule zu einem grundlegenden Wandel von der Pflichtschule zur Angebotsschule führen. Ziel sei eine solide und differenzierte Ausbildung mit vielfältigen Aufbaumöglichkeiten.

Der von der Regierung von Unterfranken veranstaltete Hauptschultag in den Räumen der Heuchelhof-Hauptschule zeigte mit einem »Markt der Möglichkeiten« die Vielseitigkeit dieser Schulart und demonstrierte mit der Einbindung von Vertretern der Wirtschaftskammern den Praxisbezug, den die Schule hat, und der durch die Reformbemühungen noch ausgebaut werden soll.

Nach Aussagen der Kultusministerin haben sich gerade die neuen »Praxisklassen« als Renner erwiesen. Vor zwei Tagen habe die bayerische Wirtschaft zugesagt, dieses Vorhaben in vollem Umfang zu unterstützen. Praxisklassen werden an den Hauptschulen für Schüler mit Lernproblemen eingerichtet. Die Schüler können in Betrieben, Werkstätten und Berufsschulen praktische Erfahrungen sammeln und Kontakte zur Wirtschaft knüpfen. »Wir haben bereits jetzt mehr Zusagen aus der Wirtschaft als Absolventen«, sagte die Kultusministerin.

Die beruflichen Chancen für Hauptschulabsolventen sind nach Meinung der Kultusministerin in Bayern außerordentlich gut. »So gut wie seit 1973 nicht mehr.« Hohlmeier verteidigte entschieden die Reform, die in Teilbereichen auf den Widerstand der Lehrerverbände und Gewerkschaften stößt.

In der Schusslinie steht vor allem die sechsstufige Realschule, die im laufenden Schuljahr von knapp 100 bayerischen Realschulen angeboten wird. Auch in Würzburg sah sich Monika Hohlmeier einer kleinen Schar von Demonstranten gegenüber.

»Für die Einführung der sechsstufigen Realschule werden fast 480 Millionen Mark ausgegeben, fünfmal so viel wie für die Hauptschule«, sagte der Bezirksvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Albrecht Sylla. Die Einführung der sechsstufigen Realschule sei pädagogisch und finanziell ein Desaster. Das Volksbegehren »Die bessere Schulreform« soll im nächsten Jahr diese Schulreform stoppen.

Im Kultusministerium ist man dagegen der Ansicht, dass sich die Reformen an der Hauptschule und an der Realschule ergänzen. Der Schulversuch zwischen 1992 und 1998 habe bewiesen, dass sich dieser Zug bewährt und deutliche Vorteile gegenüber der bisherigen vierstufigen Form hat. Nach der Grundschule hätten Schüler und Eltern die Auswahl zwischen drei Schularten. Dadurch würden für alle Kinder die Chancen auf schulischen Erfolg deutlich erhöht.

Zeitgleich zum Hauptschultag brachten auch die Freien Wähler Bayerns auf der Landesvorstandssitzung in Veitshöchheim (Kreis Würzburg) ein Positionspapier zur Hauptschulreform heraus. Landesvorsitzender Armin Grein sprach von »dürftig zusammengezimmerten Reformansätzen«.

Grein geht die Reform nicht weit genug. Eine echte Stärkung der Hauptschule bedeute Klassenstärken von maximal 20 Schülern. »Wir wissen, dass dafür die Zahl der Lehrer fast verdoppelt werden müsste, aber die Erfüllung dieser Forderung wäre eine echte Aufwertung.« Die Hauptschule werde dann wieder eine Bildungseinrichtung, in die Eltern ihre Kinder ohne Not schicken.

»Jeden Tag Hauptschultag statt R6« forderten Demonstranten der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft beim Hauptschultag in Würzburg von der bayerischen Kultusministerin Monika Hohlmeier (links) und Regierungs-Vizepräsident Hans Joachim Wachsmuth (zweiter von links). Der Protest richtete sich vor allem gegen die Einführung der sechssutfigen Realschule, die nach Ansicht der GEW zu einer weiteren Schwächung der Hauptschule führt.

MAIN-ECHO, 22.11.99