Gewerkschaften: Sozialverantwortliche Politik gegen die Massenarbeitslosigkeit

Mai-Kundgebung mit Heinz Putzhammer von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft

Aschaffenburg. »Uns ist es bitterernst mit der Forderung nach Arbeit und sozialer Gerechtigkeit. Es muß endlich eine Politik gemacht werden, die die Massenarbeitslosigkeit wirksam bekämpft und die Sozialkürzungen stoppt. Wir brauchen eine Politik, die die Interessen der Mehrheit der Bevölkerung in den Mittelpunkt stellt. Daher kann unser Ziel im Herbst nur lauten, die jetzige Bundesregierung abzuwählen«: Diesen kämpferischen Appell richtete Heinz Putzhammer, stellvertretender Vorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) am Freitag an die Teilnehmer der Maikundgebung des DGB-Kreises auf der Aschaffenburger Großmutterwiese.
Zuvor war ein Demonstrationszug mit mehreren hundert Teilnehmern vom Schloßplatz durch die Stadt zur Großmutterwiese gezogen. Die Zahl von fünf Millionen Arbeitslosen in der Bundesrepublik Deutschland sei ein gesellschaftspolitischer Skandal erster Ordnung. »Damit wollen und dürfen wir uns nicht abfinden«, sagte Putzhammer. Besorgniserregend sei auch, daß die Zahl der Langzeitarbeitslosen, derzeit 2 Millionen Menschen, zunehme, darunter ein hoher Anteil an Frauen und Jugendlichen.
Durch die hohe Arbeitslosigkeit sei auch die Demokratie in Gefahr. Die herrschende Politik habe dies nicht nur nicht verhindert, sondern erst herbeigeführt. Deshalb müsse diese Politik abgewählt werden.
Auch die Versprechungen von Politikern und Unternehmern hätten nicht zu mehr Arbeitsplätzen geführt. So hätten maßvolle Lohnsteigerungen keine Neueinstellungen bewirkt, die Lockerung der Kündigungsschutzrechte eher mehr Entlassungen gezeitigt.
Auch die oft beklagte hohe Steuerlast für Unternehmen könne nicht als Ursache für die zurückhaltende Einstellungs- und massive Entlassungspolitik herhalten. »Noch nie war die Steuerlast für Unternehmen und Reiche so gering wie heute«, meinte Putzhammer. Nicht zuletzt dadurch fehlten der Regierung die nötigen Mittel für soziale Leistungen.
Die Folgerung des Gewerkschafters: »Diese Politik ist mit kleinen Korrekturen nicht zu retten, sondern muß einer völlig neuen Politik im Interesse der Arbeitnehmer weichen«. Die Arbeitslosigkeit sei nicht nur ein Schicksal, das Betroffene erniedrige, sondern koste auch jährlich nahezu 200 Milliarden Mark, die für sinnvolle Investitionen fehlten.
Ein besonderes Problem sieht Putzhammer in der Situation der Jugend. Die Betriebe hätten eine gesellschaftliche Verpflichtung, Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen. Der Gewerkschafter forderte, die Ausbildungspflicht der Unternehmen gesetzlich zu verankern und deren Finanzierung zu sichern. »Wer nicht ausbildet, soll zahlen«, bekräftigte Putzhammer die Forderungen nach einer Ausbildungsplatzabgabe.
Auch der Bildungsbereich leide unter den Sparmaßnahmen der Regierung. Immer größere Klassen, zunehmende Stundenkürzungen und weniger Lehrer kennzeichne die Situation, die nicht hinzunehmen sei. »Es geht um die Zukunft unserer Jugend«, sagte der GEW-Vertreter.
Am Ende seiner Ansprache bekräftigte Putzhammer das gewerkschaftliche Engagement: »Wir sind zwar parteipolitisch neutral, doch nicht politisch zum Schweigen verdammt. Die Interessen der Arbeitnehmer können nur dann zum Zuge kommen, wenn wir durch den nötigen Druck für eine andere Politik sorgen.«