Mit Gewalt konfrontieren

»Cool at school« schockt im Dienste des Miteinanders

Aschaffenburg. »Cool at school« ist ein Projekt, das Gewalt an Schulen vorbeugen soll. Am vergangenen Mittwoch berichtete Bernd Heyder, Mitarbeiter des Sozialvereins »Die Brücke«, auf der Mitgliederversammlung der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft über seine Erfahrungen in der achten Klasse einer Hauptschule in Erlenbach.

Der Sozialpädagoge Heyder arbeitet mit jugendlichen Straftätern und hilft ihnen, in brenzligen Situationen besonnen zu reagieren. Genau dort setzt auch das Projekt für Schulen an. »Gemeinsam haben wir in der Klasse erarbeitet, was Gewalt ist«, so der Pädagoge.

Gewalt: Ignorieren des Schwächeren

Ist Gewalt im Spiel, ist die Seele verletzt, oft kommen auch körperliche Wunden hinzu. Gleichzeitig wird ein ungleiches Kräfteverhältnis ausgenutzt und es gibt immer einen Täter und ein Opfer. »Wenn zwei miteinander raufen ist das nicht gleich gewalttätig«, erläutert Heyder. Erst wenn der Stärkere ein Zeichen des Schwächeren, den Kampf zu beenden, ignoriert, wandeln sich die Verhältnisse. »Dann wird einer zum Täter und der andere zum Opfer.«

Täter und Opfer ermitteln

Einmal wöchentlich besuchte er die Klasse und arbeitete jeweils eine Doppelstunde mit ihnen. Das Projekt erstreckte sich über acht Wochen. In einem Klassensoziogramm kristallisierte sich der aggressivste Schüler heraus und derjenige, der am meisten geärgert wurde.

»Ich gehe dabei mit konfrontativer Pädagogik vor«, stellte Heyder klar. Damit erzeugt er emotionale Betroffenheit und hat so einen Ansatz, dass die Jugendlichen sich mit der Position des Schwächsten auseinandersetzen. Oft erkennen die Schüler ihre Gewalt überhaupt nicht, obwohl sie dem Opfer gerade noch im Vorbeigehen einen Stoß versetzt haben. Die Arbeit in der Klasse habe ihm viel Spaß gemacht und er ist überzeugt, dass alle Schüler davon profitiert haben. Aber anstrengend sei die Zeit gewesen. Drei Stunden in der Justizvollzugsanstalt Butzbach empfindet er wie Zuckerschlecken im Verhältnis zu 90 Minuten in der Schulklasse.

Ist Schockmethode geeignet?

Schnell schloss sich eine Diskussion an. »Ist die Schockmethode wirklich geeignet, um sie bei Schülern anzuwenden?« überlegten die einen. Andere fühlten sich an Umerziehungslager erinnert. Ist das Opfer erst einmal öffentlich herausgestellt, schwäche das seine Position vielleicht zusätzlich, so ein weiterer Einwand.

Heyder ist sich bewusst, dass diese Pädagogik kontrovers diskutiert wird. Er ist sich aber sicher, dass sie erfolgreicher ist, als die Jugendlichen mit Samthandschuhen anzufassen und über Verständnis an sie heranzukommen. Jeder habe ein Bild von seinem »Real-Selbst« und von seinem »Ideal-Selbst«. »Das Real-Selbst ist irgendwo eingesperrt«, sagt Heyder, »die Tür öffnet sich nur, wenn die Menschen wie vor den Kopf geschlagen sind.« Außerdem werde niemandem eine Position übergestülpt, sondern im Klassenverband erarbeitet.

Nicht in Probleme verwickelt

»Reichen nicht die anderen Anti-Aggressions-Programme, die unter vielen verschiedenen Namen und Formen an den Schulen bereits praktiziert werden?«, fragte eine Diskussionsteilnehmerin. Der Vorteil von »Cool at school« ist laut Heyder, dass der Moderator ein Unbeteiligter, nicht in die Probleme der Klasse verwickelt ist.

Aber das Projekt kostet Geld. Und das sei an den wenigsten Schulen vorhanden - darüber waren sich alle Teilnehmer einig. krawi