»Hohlmeier absolut beratungsresistent«

Mütze und Pranghofer kritisieren Lehrermangel

Aschaffenburg. Zu wenig Lehrer und zu große Klassen wegen Ebbe in der Kasse: Alles andere als Spitze im deutschen und internationalen Vergleich seien die Bildungsausgaben des Freistaats Bayern, sagte Grünen-Landtagsabgeordneter Thomas Mütze am Montag im DGB-Haus. Der Kreisverband Aschaffenburg-Miltenberg der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hatte zur Diskussion eingeladen. Titel: »Ohne Moos nix los - wie das reiche Bayern die Bildung kurz hält«.

Mehr als acht Milliarden Euro für »Unterricht, Kultus, Wissenschaft, Forschung und Kunst« sieht der neue Staatshaushalt für dieses und nächstes Jahr vor, rund vier Prozent mehr als in den beiden Vorjahren. Das klinge nach viel, meinte Mütze. Beim genauen Hinsehen stelle sich allerdings heraus, dass die Steigerung um rund 300000 Millionen aufgebraucht werde vom Posten Beihilfe, also der Versorgung des Personals, der mit Bildung eigentlich nichts zu tun habe.

Allein 320 Lehrer, so Mütze, würden für die vorgezogene Einschulung von rund 20000 Kindern gebraucht. Geld dafür sei aber nicht in Sicht, meinte Mütze. Das Kultusministerium habe lediglich eingeräumt, dass nach seiner Einschätzung 818 Lehrkräfte fehlten - bedeutend weniger als von der rot-grünen Opposition im Landtag angemahnt. Einen Teil des Defizits will die CSU-Staatsregierung dadurch decken, dass 300 Beamte, die im Zuge des Ämterabbaus frei werden, nun das unterrichten sollen, was sie studiert haben, zum Beispiel Mathematik oder Physik. An den Volksschulen werden 281 Lehrkräfte, an den Förderschulen zehn und an den Berufsschulen 60 eingespart, sieht der Bildungshaushalt vor.

Die SPD-Landtagsabgeordnete Karin Pranghofer sagte bei der GEW-Veranstaltung, unterm Strich bleibe ein Minus, trotz der »Hin- und Herschieberei« von Lehrern aus Haupt- und Berufsschulen an Realschulen und Gymnasien und trotz des Herumrechnens mit virtuellen Lehrerstellen, die durch Arbeitszeitverlängerung entstanden seien. Fakt sei, dass die Klassenstärken seit 1990 explodiert seien: an den Realschulen von durchschnittlich 24,9 auf 28,6 und an den Gymnasien von 22 auf 27,3 Schüler. Habe es im Jahr 2000 nur 89 Mammut-Klassen mit über 30 Schülern in Bayern gegeben, so seien es jetzt 5200.

Von wegen Spitze, meinte Mütze: Bayern sei an zweitletzter Stelle in Deutschland, was das Verhältnis Lehrer-Schüler angehe, ganz zu schweigen vom OECD-Durchschnitt. 2003 habe das Kultusministerium selbst geschrieben: »Wenn Bayern seine bislang unangefochtene Spitzenposition behaupten will, muss es seine Bildungsausgaben deutlich über den OECD-Durchschnitt erhöhen.« Dieser Schnitt beträgt derzeit über sechs Prozent des Brutto-Inlandsproduktes: 6,0 Prozent in Frankreich, 7,3 in den USA und 8,2 in Korea. In Bayern sind es drei Prozent, die oben genannte Beihilfe eingerechnet. Die von der bayerischen SPD geforderte »Bildungsmilliarde«, so Pranghofer, würde diesen Wert gerade um 0,3 Prozent steigern.

Monika Hohlmeier leugne hartnäckig die Engpässe und Missstände, die durch Geldmangel entstanden seien, so Mütze: Unterrichtsausfälle und sinkende Bildungsqualität mit immer mehr Jugendlichen ohne Schulabschluss. Die »absolut beratungsresistente« Ministerin behaupte, es handele sich um Einzelfälle und alles sei »im grünen Bereich«.

Mütze berichtete von einem Münchner Schulhausmeister, der nun seit Monaten akribisch Buch führe über ausgefallene Unterrichtsstunden, zu denen auch fachfremde »Beschäftigung« und reine Anwesenheitszeiten zählten. Von Engpässen am bayerischen Untermain wussten Besucher der GEW-Veranstaltung: So gebe an einer Volksschule im Landkreis Aschaffenburg auch schon mal der Hausmeister Werkunterricht und eine Sozialhilfeempfängerin mit erster Lehramtsprüfung Regelunterricht, was eigentlich nicht zulässig sei. Martin Braun aus Mainaschaff klagte, bei den derzeitigen Krankheitsausfällen könne, auch mangels mobiler Reserven, selbst die Minimalversorgung nur mit »unsäglicher Mehrarbeit« gewährleistet werden. Melanie Pollinger