Hohlmeier lässt Protest kalt: G8, um wettbewerbsfähig zu sein

Lehrer, Eltern und Schüler wenden sich in Würzburg gegen verkürzte Schulform

Würzburg. Zum Auftakt einer Reihe von Informationsveranstaltungen zum achtjährigen Gymnasium (G8) in Unterfranken ist Bayerns Kultusministerin Monika Hohlmeier am Freitagmittag von rund 200 protestierenden Lehrern, Eltern und Schülern vor dem Würzburger Wirsberg-Gymnasium empfangen worden. Der Unmut richtete sich nicht nur gegen die geplante Einführung des verkürzten Gymnasiums im kommenden Schuljahr. Lehrergewerkschaften wandten sich auch gegen die ihrer Auffassung nach insgesamt verfehlte Schulpolitik im Freistaat.

Hohlmeier, die mit Verspätung vor dem Wirsberg Gymnasium vorfuhr, weil sie vorher noch das Jüdische Dokumentationszentrum Shalom Europa im Stadtteil Frauenland besucht hatte, musste sich mit Hilfe der Polizei ihren Weg durch die grölenden, pfeifenden und lautstark protestierenden Demonstranten bahnen.

Keine Zeugnisübergabe

Sie nahm sich wenige Augenblicke Zeit, um mit einigen Jugendlichen zu sprechen. Das Vorhaben der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), ihr zur Ausgabe der Zwischenzeugnisse am gestrigen Freitag auch ein Zeugnis zu überreichen, schlug allerdings fehl. Monika Hohlmeier ließ GEW-Pressesprecher Jörg Nellen mit dem übergroßen Zeugnis einfach stehen und eilte ins Gymnasium.

Im Anschluss an die Proteste vor dem Wirsberg-Gymnasium fanden sich auf dem Residenzplatz nach Polizeiangaben etwa 1700 Demonstranten ein, um mit ihrem Marsch durch die Würzburger Innenstadt gegen die bayerische Schulpolitik zu demonstrieren. Zu der Demonstration hatten alle unterfränkischen Lehrer- und Elternverbände aufgerufen.

Bei einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz vor der Informationsveranstaltung zum G 8 zeigte die Kultusministerin dann Verständnis für die Verärgerung der Lehrer über die geplante Erhöhung der Arbeitszeit an allen bayerischen Schulen. Das belaste vor allem die Lehrerinnen und Lehrer, die bereits heute besonders engagiert seien.

Ausbildungszeiten zu lang

Andererseits treffe die Arbeitszeiterhöhung alle - auch die Polizisten oder die Beamten in der öffentlichen Verwaltung. Sie verstehe die Lehrerverbände nicht, die jetzt mit der Kürzung von zusätzlichen Angeboten an den Schulen, wie Schullandheimaufenthalten, drohten. Gerade in den Schulen, in denen schon heute Lehrer, Schüler und Eltern ein überdurchschnittlich hohes Engagement für ihre Schule zeigten, sei das Klima besonders gut.

Vor den Vertretern zahlreicher Gymnasien aus der Region Würzburg begründete Hohlmeier dann noch einmal ausführlich, warum sich die Staatsregierung für eine Verkürzung der gymnasialen Ausbildung auf acht Jahre entschieden habe.

So seien die Ausbildungszeiten in Deutschland insgesamt zu lang. Schüler müssten früher eingeschult werden, kürzere Schulzeiten durchlaufen und auch ihre Ausbildung für einen Beruf früher antreten. Schließlich brauche es auch eine Verkürzung der Studienzeiten, damit Deutschland international wettbewerbsfähig bleibe, so Hohlmeier.

In wenigen Jahren schon, so prognostizierte sie, werde es nirgendwo in Deutschland noch ein neunjähriges Gymnasium geben. Da könne Bayern nicht hinten anstehen. Den von vielen Kritikern als überstürzt empfundenen Start des G 8 bereits zum kommenden Schuljahr rechtfertigte sie mit der Chancengleichheit.

Nur so sei gewährleistet, dass bayerische Abiturienten die gleichen Möglichkeiten an den Hochschulen hätten wie die Abiturienten anderer Bundesländer, die eine Umstellung auf das achtjährige Gymnasium bereits beschlossen oder umgesetzt haben.

Die jetzigen fünften Klassen müssten ebenfalls mit in die achtjährige Ausbildung hereingenommen werden, weil dies für die Schüler leichter sei, als ab Sommer nach dem alten Lehrplan des neunjährigen Gymnasiums unterrichtet zu werden. Mit den bayerischen Hochschulen gebe es bereits jetzt eine Vereinbarung, dass der doppelte Abiturjahrgang später auch Platz an den Universitäten finde.

Millionen für Ganztagsschulen

An die Kommunen richtete sie Bitte, bei der Organisation von Mittagsbetreuungen, zusätzlichen Räumen an den Schulen und der Bereitsstellung der notwendigen Schulbusse gesprächsbereit zu sein. "Es kann nicht sein, dass am Nachmittag nur zwei Schulbusse fahren und die Schüler Stunden in den Schulen warten müssen. Hier muss es Absprachen mit den Schulen und den Verkehrsträgern geben."

Bezahlt werden soll das achtjährige Gymnasium aus den Millionen, die der Freistaat vom Bund für die Einführung von Ganztagesschulen erhält: rund 600 Millionen Euro.Gunter Fritsch