Im Film: Zwei Kulturen prallen aufeinander

Spielfilm als engagiertes antirassistisches Projekt

Aschaffenburg. Ein Spielfilm kann weit mehr bewirken als jede noch so gut gemeinte Belehrung. Mit dieser Überzeugung haben deutsche und
türkische Studenten der Kasseler Universität den Film »Die Besiegbaren - Yenilebilenler« gedreht. Er wurde im Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung des Kreisverbandes Aschaffenburg-Miltenberg der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) von Projektleiter Dr. Reinhard Nolle, Drehbuchautor und Medienpädagoge an der Universität Kassel, im Aschaffenburger DGB-Haus erstmals in
Bayern vorgestellt.

Der 78-minütige Streifen ist ein spannender Spielfilm und engagiertes antirassistisches Projekt zugleich. Er wurde zwar von Amateuren und fast ohne Geld gedreht, ist aber professionell genug, um Jugendliche zu fesseln. Der Film erzählt die Geschichte zweier Jugendgangs, einer Gruppe deutscher Neonazis und einer Gruppe nationalistischer Türken. Ihre Weltbilder sind unterschiedlich, ihre inneren Strukturen gleich.

Die Anführer folgen in dumpfem Gehorsam ihren Vätern, geben den Druck, unter dem sie zu Hause stehen, an ihre Banden weiter und leben ihren Hass gegen alles Fremde in brutaler Gewalt aus. Erst als sie sich jeweils in die Schwester des Gegenspielers verlieben, setzt das Nachdenken ein.

In dem Film spielen 18 Türken und Kurden sowie 22 Deutsche im Alter zwischen 17 und 64 Jahren mit, die meisten Studenten sowie zwei Schüler. In weiteren Rollen spielen Studenten aus dem Iran, Polen, Russland, Griechenland und Italien. Zum Aufnahmestab gehörten 27 Studentinnen und Studenten sowie Medienpädagogen. Ohne Komparsen waren insgesamt 70 Personen an dem Projekt beteiligt.

Der Film ist in türkischen und deutschen Dialogen angelegt und ohne Untertitel in beiden Kulturen zu verstehen. Da zusammen mit Reinhard Nolle auch die beiden Hauptdarsteller Mustafa Günder und Jan Vespermann zu der Filmvorführung im Aschaffenburger DGB-Haus mitgereist waren, bot sich dem Publikum im Anschluss an die Filmvorführung die Gelegenheit, mit ihnen über den Inhalt des Films zu diskutieren und Hintergrundinformationen zur Produktion zu erhalten.

»In weiten Teilen beruht die Handlung auf authentischen Geschichten«, erklärte Nolle. Die Parolen der Neonazis stammten von einschlägigen Internetseiten. Der Film sei vor der Premiere Aussteigern aus der Neonazi-Szene gezeigt worden. Sie hätten die hohe Authentizität der Personen und der Atmosphäre bestätigt.

Für Schulen und Jugendzentren

Der Film wurde bisher weder verkauft noch verliehen, sondern ausschließlich von Mitgliedern des Filmteams vor allem in Schulen oder Jugendzentren vorgeführt. Inzwischen hat Nolle schon drei weitere größere Filme und eine große Zahl von Filmprojekten realisiert. Diese führt er häufig mit erziehungsschwierigen Jugendlichen und mit Strafgefangenen durch. »Wir setzen ausschließlich selbstentworfene Geschichten der Darsteller mit oft eindeutig autobiografischem Hintergrund um. Im Verlauf der intensiven Dreharbeiten bedeutet dies für sie oft eine unglaublich harte Auseinandersetzung mit der eigenen Persönlichkeit mit manchmal ungeahnten Resultaten.«

Da der Film »Die Besiegbaren - Yenilebilenler« inzwischen eine immer größere Publizität erfuhr, mussten die Filmemacher ihr Prinzip der ausschließlichen Vorführung durch Mitglieder des Filmteams aufgeben. Seit wenigen Wochen ist er auch als Video im Verkauf. Interessenten können sich wenden an: Martin Hahn, Sandwiesenstr. 19, 63776 Schimborn.