Kein reiner Gegner der Globalisierung:
»attac« startet mit drei Arbeitsgruppen

Globalisierungskritiker »attac« haben in Aschaffenburg eigene AG gegründet

Aschaffenburg. Seit Dienstag hat attac, die Vereinigung der Globalisierungs-Kritiker, einen Stützpunkt in Aschaffenburg. Rund 80 Personen nahmen an der Gründungsversammlung im DGB-Haus teil. Von der Theorie zur Praxis scheint es aber noch ein weiter Weg zu sein, denn nur mühsam fanden sich erste Arbeitsgruppen zusammen.

Das mag vor allem an der sehr losen Organisationsstruktur von attac liegen. »Jeder macht, was er will«, hatte Holger Klimmenta (Regensburg) von attac Deutschland auf ein Wesensmerkmal der Bewegung hingewiesen. Der Verband versteht sich als Netzwerk. Es gibt keinen Vorsitzenden und kein gewähltes Führungsgremium, weder Kassenwart noch Schriftführer. In Aschaffenburg kümmern sich derzeit KI-Stadtrat Johannes Büttner, Reinhard Frankl (Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft GEW) und Ernst Amrhein (DKP) um die Organisation. Für Johannes Büttner war daher auch klar, dass es in Aschaffenburg schon eine Reihe von Bewegungen gibt, die im Sinne von attac arbeiten.

»Friedenskomitee, Politischer Club, Kommunale Initiative, GEW, Nord-Süd-Forum können alle bei attac vernetzt werden,« sah Büttner eine breite politische Basisbewegung. Dagegen warnte Peter Diekmann vor einem bunten Gemischtwarenladen. Man solle nicht plötzlich alle ungelösten Probleme als Aufgabe von attac betrachten.

Das sah auch Klimmenta so. attac biete etwas völlig Neues. Kern der Bewegung sei die Kritik an der rein ökonomisch vollzogenen, neoliberalen Globalisierung. Dabei legte er Wert auf die Feststellung, dass attac kein reiner Gegner der Globalisierung sei, sondern diese kritisch begleiten wolle. Die Bewegung verfolge keine Ideologie, sondern verpflichte ihre Mitglieder nur auf einen Grundkonsens. Dazu gehöre die Forderung nach Stabilisierung der Finanzmärkte, stärkere Besteuerung von Kapitaleinkünften und großen Vermögen, Schuldenstreichung für Entwicklungsländer sowie der Erhalt der sozialen Sicherungssysteme.

attac fordert Tobin-Steuer

In seinem Grundsatzreferat zeigte Klimmenta auf, dass sich die von Globalisierungsbefürwortern häufig angeführten neuen Chancen für Entwicklungsländer überhaupt nicht ergeben hätten. Das ungehemmte Wachstum immer größerer Konzerne führe mittlerweile auch in den Industriestaaten zu großen Problemen. Als Beispiel nannte er das Wegbrechen von Steuereinnahmen, die Zunahme von Armut und das stetig wachsende Problem der Arbeitslosigkeit.

Zu den zentralen Programmpunkten von attac gehört die Forderung nach Einführung der so genannten »Tobin-Steuer«, einer Art Umsatzsteuer auf Devisentransaktionen. »Die ist hochgradig gerecht und zwingt die Staaten zur Kooperation.« 98 Prozent des Devisenhandels sei heute ausschließlich Spekulation, so Klimmenta, der bereits bei einem Ministeuersatz von 0,1 Prozent die Chance auf stabilere Finanzmärkte sieht.

Bei der Debatte über die weitere Arbeit in Aschaffenburg dominierten zwei Positionen. »Wir haben schon verschiedene Gruppierungen, die im Sinne von attac arbeiten, wir brauchen nicht noch weitere Kreise«, forderte Reinhard Frankl eine »Bündelung unserer Kräfte«. Demgegenüber befand Klimmenta, dass die eigentliche attac-Arbeit in gesonderten Arbeitsgemeinschaften stattfinden müsse. »Ohne solche Arbeitsgruppen existiert attac eigentlich gar nicht.«

Das spreche nicht gegen eine Zusammenarbeit mit vorhandenen Verbänden. Eher verwirrend war für die Interessenten allerdings Klimmentas Erklärung solcher Netzwerke mit Sätzen wie: »Z.B. tritt das Friedenskomitee nicht attac bei und attac nicht dem Friedenskomitee, sondern jeder ist ein Teil des anderen – oder auch nicht.«

Befürchtung über einseitige politische Ausrichtungen versuchte Klimmenta zu zerstreuen. Kein Sprecher trete bei attac als Vertreter einer Partei auf. Nach dem scharenweisen Eintritt von Ortsverbänden der SPD, PDS und Grünen habe man sogar beschlossen, dass Parteien nicht mehr Mitglied werden dürften.

Nach längeren Diskussionen kristallisierte sich dann doch noch heraus, dass attac Aschaffenburg mit drei Arbeitsgruppen startet. In einem Gremium wollen die zahlreich vertretenen Schüler und Jugendlichen versuchen, ihren Interessen gerecht und vor allem an den Schulen aktiv zu werden.

Ein weiterer Arbeitskreis befasst sich mit dem Themenbereich Arbeit und Soziales. Schließlich wird ein Gremium versuchen, die Arbeit vorhandener Gruppierungen und Bewegungen mit attac zu vernetzen. klg