Köpfe gegen rechts: Im Aschaffenburger Stiftsmuseum wird heute abend die Ausstellung »Gesicht zeigen« eröffnet.
Foto: Stefan Gregor

Porträts gegen rechts an der Wäscheleine

Die Ausstellung »Gesicht zeigen« wird heute im Aschaffenburger Stiftsmuseum eröffnet

Aschaffenburg. Mehr als 400 Menschen zeigen ihr Gesicht gegen rechtsextreme Gewalt: Die Sonderausstellung mit mehr als 500 Proträtfotos wird am heutigen Samstag um 19 Uhr von Oberbürgermeister Klaus Herzog im Dachgeschoss des Aschaffenburger Stiftsmuseums eröffnet. Damit hat die im Herbst vom Förderverein Haus Wolfsthalplatz ins Leben gerufene Aktion »Gesicht zeigen – Aschaffenburger Porträts für Toleranz und gegen Gewalt« ihr erstes Etappenziel erreicht.

Als Reaktion auf die Welle rechter Gewalt, die im vergangenen Jahr über Deutschland schwappte, wurde »Gesicht zeigen« bundesweit zur Möglichkeit für die Menschen, ihre Ablehnung rechtsradikalen Denkens und Handelns zu dokumentieren. In Aschaffenburg hatte die Initiative zum Stadtfest Ende August ihren Auftakt.

Aktive aus dem Verein Haus Wolfsthalplatz zogen die Fäden, ebenso ehrenamtlich machte sich eine Reihe von Helfern an die Arbeit. In den Aschaffenburger Parteibüros der CSU und der SPD wurden die Termine koordiniert. Die vier Main-Echo-Fotografen László Ertl, Stefan Gregor, Peter Rogowsky und Harald Schreiber sowie deren Berufskollege Fred Garch investierten für die Aufnahmen ihre Freizeit. Im Morgenwelt-Verlag wurden die Digitalbilder bearbeitet und ausgedruckt. Die SPD-Landtagsabgeordnete Karin Pranghofer kümmerte sich um das Einschweißen der Abzüge.

Jetzt hängen die Köpfe an den senkrechten Wäscheleinen unter dem Dach des Stiftsmuseums: Männer und Frauen haben sich ablichten lassen, Alte wie Junge, die Rentnerin und Oberbürgermeister, die Hausfrau und der Lehrer, die Schülerin und der Schornsteinfeger, der Sportler und die Fastnachterin, die Ärztin und der Polizist. Bekannte Gesichter wird jeder Besucher entdecken.

Auch öffentlich bekannte wie die von Politikern, Amtsleitern, Vereinsvorsitzenden, doch bleibt die örtliche Prominenz deutlich in der Minderheit. »Jeder ist ein Prominenter, wenn er hier sein Gesicht zeigt«, sagt Josef Pechtl vom Verein Haus Wolfsthalplatz, der Aktion und Ausstellung als gezielt »in die Breite« gehend beschreibt.

Die Ausstellung im Stiftsmuseum ist für Pechtl und seine Mitstreiter nur eine erste Etappe für die Bilder-Aktion. Dass die Gesichter später auf Plakate gedruckt oder in Zeitungsanzeigen veröffentlicht werden, steht ebenso im Gespräch wie eine kilometerlange Fotoschlage durch die Aschaffenburger Innenstadt. Und darüber hinaus: »Wer immer eine Idee hat«, sagt Pechtl, »möge an uns heran treten«.

Weitere Porträts in Arbeit

Dass nicht jeder, der sich in den zurückliegenden Monaten für »Gesicht zeigen« hat ablichten lassen, das eigene Konterfei nun in der Ausstellung findet, begründet der Aschaffenburger SPD-Geschäftsführer Manfred Eichelsbacher mit den begrenzten Kapazitäten der ehrenamtlich Aktiven: Zahlreiche Porträts hätten bislang nicht bearbeitet und ausgedruckt werden können.

Empfangen wird der Besucher in der Ausstellung mit einem Videofilm: Der Zwölf-Minuten-Streifen, gedreht von einer Gruppe Zehntklässerinnen des Kronberg-Gymnasiums, beschreibt den Widerstand gegen den Nationalsozialismus in Aschaffenburg – und schlägt den Bogen in die Gegenwart: »Es scheint, dass viele Menschen bis heute nicht dazugelernt haben.«

Den historischen Rahmen für die Bilderschau setzt die von Carsten Pollnick zusammengestellte Chronologie der NS-Zeit am Beispiel Aschaffenburgs. Beginnend mit der Wahl Hindenburgs zum Reichspräsidenten am 13. März 1932 reichen die Notizen bis zum Ende des ersten Nachkriegsjahrs 1946.

Vier Wochen lang, bis zum 6. April, bleibt die Ausstellung im Stiftsmuseum. Öffnungszeiten: täglich, außer dienstags, von 10 bis 13 und 14 bis 17 Uhr.

Währenddessen geht die Aktion »Gesicht zeigen« in Aschaffenburg weiter: Anmeldungen für neue Fototermine nach dem 20. März nehmenin Aschaffenburg die örtlichen Büros der CSU unter 0 60 21 / 46 01 46, und der SPD unter 0 60 21 / 2 22 44, entgegen. tju