Sonntag, 10. September 2000

Beide Lehrerverbände sind sich einig:
Fortbildung ist das Gebot der Stunde

BLLV und GEW: Veränderungen an den Schulen verlangen Qualifizierungsoffensive

Würzburg. Zu Beginn des neuen Schuljahrs hat der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) in Unterfranken eine deutliche Verbesserung der Arbeitsbedingungen für die Lehrer an Grund- und Hauptschulen gefordert. Dazu sei auch, so BLLV-Vorsitzender Gerhard Bleß am Freitag in Würzburg, eine »intensivere Fortbildung« der Lehrkräfte notwendig.

Bleß verwies darauf, dass die von der Politik signalisierte Bereitschaft, mehr in die Bildung zu investieren, für die Schüler und Lehrer an den Grund-, Haupt- und Förderschulen »wesentlich deutlicher spürbar« werden müsse. Es reiche eben nicht aus, wenn die Regierung von Unterfranken bei ihren Fortbildungsmaßnahmen auf ihre begrenzten finanziellen Ressourcen verweise – am Donnerstag hatte der Regierungsschuldirektor Jürgen Röhling seinen jährlichen Etat für die Lehrerfortbildung in Unterfranken für die Volks-, Berufs- und Förderschulen mit 200 000 Mark beziffert. Vielmehr komme es jetzt darauf an, so Bleß weiter, die Veränderungen in den Schulen mit intensiveren Fortbildungsangeboten zu begleiten.

Der Ausbau des Fremdsprachenunterrichts und der kind- und familiengerechten Halbtagesschule belasteten die Lehrkräfte ebenso wie die verstärkte Integration von Kindern, die sonderpädagogischen Förderbedarf haben. Auch mit der Anschaffung von Computern mit Kosten in Millionenhöhe sei noch lange kein sinnvoller Unterricht gewährleistet.

Mehr Zeit für mehr Pädagogik

Der BLLV erwartet vielmehr von der Regierung, dass die Lehrer weniger Stunden unterrichten, um so ihren pädagogisch-didaktischen Aufgaben, die etwa auch in der Zusammenarbeit mit dem Jugendamt bestünden, so Bleß, gerecht zu werden. Um diese Konzepte umzusetzen, fehle es an den Schulen aber an Lehrkräften. Auch die Mobilen Reserven seien in vielen Schulamtsbezirken schon vor Beginn des eigentlichen Schuljahrs verplant, Vertretungen in Krankheitsfällen damit aber nicht mehr möglich.

Nach Auffassung des BLLV sind die Klassen an den unterfränkischen Volksschulen nach wie vor zu groß. Gerhard Bleß forderte eine Klassengröße von nicht mehr als 20 Schülern gerade in den Eingangsklassen der Grund- und Hauptschule. Nur so sei es den Lehrern möglich, ihren verstärkten pädagogischen Pflichten nachzukommen.

In den Hauptschulen, kritisierte Bleß, werden für das neue Schuljahr zur Bildung der Mittleren-Reife-Kurse keine zusätzlichen Lehrerstunden bereitgestellt. Fehlende Lehrer verhinderten auch in kleineren Hauptschulen die Bildung von Lerngruppen in Englisch oder praktischen Fächern.

Kritik äußerte auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) an den Planungen der unterfränkischen Regierung für das kommende Schuljahr. Ihr Bezirksvorsitzender Albrecht Sylla bezeichnete es als ein Unding, mit nur 42 Pädagogen des Mobilen Sonderpädagogischen Dienstes eine verantwortliche Integration von behinderten Kindern an den Regelschulen betreiben zu wollen. Auch wenn ihre Zahl von 36 im vergangenen Jahr gestiegen sei, reichten die 42 Planstellen bei weitem nicht aus, kritisierte Sylla.

Umbrüche und Veränderungen an den Schulen machen nach Meinung der GEW eine Qualifikationsoffensive notwendig. Sylla: »Pro Lehrkraft und Jahr müsste die Regierung 500 Mark investieren für ein regionales Fortbildungsprogramm, dass den Lehrkräften hilft, den Herausforderungen der Zukunft gerecht zu werden.« Dazu gehöre es auch, die Auseinandersetzung mit dem Rechtsradikalismus in Unterfranken jetzt zu einem aktuellen Jahresthema an allen Schulen und Schulverwaltungen zu machen. gufri