Leserbrief MAIN-ECHO 07.03.2009

CSU doktert am Schul-Übertrittsverfahren herum

Bayerns CSU doktert wieder einmal am Übertrittsverfahren nach der Grundschule herum. Assistenzarzt ist diesmal die FDP. Ganz offensichtlich handelt es sich um eine letzte Notoperation kurz vor dem endgültigen Kollaps bzw. Exitus. Mit Hilfe von sogenannten "Gelenkklassen" im 5. Schuljahr soll der Übertritt an weiterführende Schulen gerechter und effizienter werden. Dass es in diesem Gelenk schon gewaltig knirscht, bevor es überhaupt zu arbeiten beginnt, liegt auf der Hand:

1. Die bisherigen Notengrenzen für den direkten Übertritt bleiben weiterhin erhalten. Abgesehen davon, dass inzwischen allseits bekannt ist, wie wenig aussagekräftig Noten für eine weitere schulische Prognose sind, haben schon ganze Generationen bayerischer Schüler die pure Willkür durch diese Methode des Übertritts (oder auch Nicht-Übertritts) erfahren müssen. Vor Jahrzehnten entschieden Noten in regional einheitlichen Probearbeiten, eine Zeit lang zählte die Englischnote der 5. Klasse dazu, immer wieder wurden zu erbringende Notenschnitte nach Bedarf nach oben oder unten korrigiert. Hier von mehr Gerechtigkeit zu reden, ist der blanke Hohn.

Leistungsdruck in Grundschule

2. Der Leistungsdruck in der Grundschule bleibt unvermindert erhalten. Probearbeiten sollen in den übertrittswichtigen Fächern in Zukunft "teilweise angekündigt" werden, um angeblich den "Druck von den Kindern zu nehmen". Diese Aussage ist der reine Zynismus. Wird doch jetzt schon in diesen Fächern und in diesen Proben mit allen erdenklichen Mitteln das Letzte herauszuholen versucht - angefangen von teurer Nachhilfe bis hin zu Streitigkeiten um Noten vor Gerichten.

3. Dem Elternwillen wird weiterhin in keiner Weise wirklich Rechnung getragen. Die Eltern müssen ihr Kind weiterhin zum dreitägigen Probeunterricht der angestrebten Schule schicken, wenn der erforderliche Notenschnitt nicht stimmt. Dass jetzt statt der erforderlichen Note Vier und Drei in Deutsch und Mathematik auch zweimal die Note Vier ausreicht, um überzutreten, zeugt von einer Hilflosigkeit, die nicht zu überbieten ist

Die Einrichtung von so genannten "Gelenkklassen" im 5. Schuljahr wird die sinnlose, ineffektive und menschenunwürdige Auslese von zehn- und elfjährigen Kindern leider nur um ein weiteres Jahr verlängern.

In der Medizin wird ein marodes Gelenk irgendwann einmal durch etwas Neues und Besseres ersetzt. Vielleicht setzt sich diese Erkenntnis auch einmal in der bayerischen Bildungspolitik durch und es kommt endlich zu einer Schule ohne Auslese und einer längeren gemeinsamen Schulzeit für alle Kinder.

Isabella Zang,

Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Unterfranken

Volkersbrunner Weg 13, Heimbuchenthal